Thurgauer Wein in antiken Zeiten
2025 dreht sich bei den Museen Thurgau vieles um Wein. Auch das Museum für Archäologie trägt mit der Ausstellung «Bacchus & Co. – Wein am Bodensee» dazu bei. Das trifft sich gut, konnte doch kürzlich der Nachweis erbracht werden, dass bereits die Römer im Thurgau Wein angebaut haben. Gelungen ist dies durch aufwendige Bohrungen im Sediment des Hüttwiler- und des Bichelsees.
Bis zu 13 Meter lang sind die Bohrkerne, welche vom Grund der beiden kleinen Seen entnommen wurden. Dank ihnen lassen sich Rückschlüsse auf die Veränderungen der Umwelt sowie den Einfluss des menschlichen Wirkens auf Ökosysteme und Landschaften im Kanton Thurgau während der letzten 17‘000 Jahre ziehen.
Ermöglicht wurde das Projekt durch finanzielle Mittel aus dem Walter Enggist-Fonds. Der verstorbene IT-Unternehmer vermachte sein Vermögen der Kantonsbibliothek und dem Amt für Archäologie zu gleichen Teilen. Neben dem Amt für Archäologie Thurgau beteiligten sich Forscher der Universitäten Basel und Bern und der ETH Zürich am Projekt, das von 2019 bis 2024 dauerte.
Neben vielen anderen Erkenntnissen konnte so auch der Weinanbau in antiken Zeiten nachgewiesen werden. Zwar hatte man schon lange vermutet, dass bereits die alten Römer Wein im Thurgau anbauten, fand man doch schon aus vorrömischer, keltischer Zeit Scherben von Weinschalen und auch Traubenkerne. Das allein war jedoch kein Beweis, die Kerne konnten auch von importierten Esstrauben oder Weinbeeren stammen. Hingegen fanden sich viele Spuren für den Import von Wein: Weinfässer und Amphoren, die aufgrund von Beschriftung und Form auf Anbaugebiete im heutigen Bündnerland, Italien, Spanien und sogar Palästina hinweisen.
Bruchstück einer Amphore aus dem heutigen Palästina
Dank der Bohrungen in den kleinen Thurgauer Seen gelang nun der Nachweis. Den Bohrkernen wurde alle 2 cm ein Querschnitt entnommen, unter dem Mikroskop betrachtet und alle Pollen von Auge gezählt, bis 1000 Stück erfasst waren – so konnte die Verbreitung einzelner Pflanzentypen bestimmt werden. In den Bohrkernen des Hüttwilersees wurde eine Vielzahl von Pollen, die von Weinreben stammen, gefunden. Diese konnten nur aus der unmittelbaren Umgebung stammen, denn Weinreben kennen keine Windbestäubung und deren Pollen legen somit keine grösseren Distanzen zurück. Mithilfe der 14C-Methode (Kohlenstoffdatierung) konnte das Alter der Pollen auf das 2. Jahrhundert nach Christus festgelegt werden.
Pollenkorn einer Weinrebe unter dem Mikroskop
Angebaut wurde der Wein vom Hüttwilersee mit grosser Wahrscheinlichkeit durch die Landwirte des römischen Gutshofs, der 1928 ca. 900 Meter entfernt in Stutheien entdeckt wurde und dessen Grundmauern noch heute besichtigt werden können.
Die Ausstellung «Bacchus & Co. – Wein am Bodensee», welche vom 15. Dezember 2024 bis zum 11. Mai 2025 im Museum für Archäologie Thurgau in Frauenfeld zu sehen ist, vereint viele Weinfakten und -geschichten von den Kelten bis ins napoleonische Zeitalter. Ein besonderes Highlight der Ausstellung sind – neben vielen Funden aus dem Thurgau – die beiden Bacchus-Statuetten aus den römischen Städten Augusta Raurica (Augst) und Aventicum (Avenches), die erstmals gemeinsam präsentiert werden. Bacchus ist der römische Gott des Weines, des Rausches und der Ekstase sowie Namensgeber der Ausstellung.