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Ein Faktotum geht in Pension

Nur ein Jahr nach der Eröffnung begann Gianni Kuhn für das Ittinger Museum und das Kunstmuseum Thurgau zu arbeiten. Vor Kurzem wurde er pensioniert. Ein Rückblick auf 36 Jahre Leidenschaft und Einsatz.


Gianni Kuhn im grossen Kreuzgarten, einem seiner Lieblingsorte in der Kartause

Wer mit Gianni Kuhn durch die Kartause schlendert, sollte sich etwas Zeit nehmen. Überall gibt es ein grosses Hallo, jeder kennt ihn und will ein paar Worte mit ihm wechseln. Kein Wunder, denn Gianni Kuhn war so etwas wie das Faktotum des Ittinger Museums und des Kunstmuseums Thurgau, und wenn er mal vorbeischaut, kann es schon sein, dass jemand die Gelegenheit nutzt, um eine Auskunft oder einen Rat von ihm zu erhalten. Denn niemand kennt sich in den Museen der Kartause so gut aus wie er.
Als Gianni Kuhn 1984 seinen Job als technischer Mitarbeiter antrat, war alles noch ein wenig simpler und improvisierter. Die ersten paar Wochen führte ihn sein Vorgänger in die Aufgaben ein, zeigte ihm Tricks und Kniffe. Das war auch dringend notwendig, denn Gianni Kuhn hatte ein paar Semester Germanistik und Kunstgeschichte studiert, auf der Sihlpost in Zürich gejobbt und selber Kunst gemacht – aber eine handwerkliche Ausbildung, die hatte er nicht.
Sind heute rund 20 Personen (inklusive Besucherservice) für die Museen tätig, so gab es damals neben Gianni Kuhn nur zwei weitere Mitarbeiterinnen: Elisabeth Grossmann, die Konservatorin, heute würde man sagen die Direktorin der Museen, und eine Sekretärin im Teilzeitpensum. Die Sammlung katalogisierte Gianni Kuhn handschriftlich in grossen Büchern, die Einträge übertrug man später per Schreibmaschine auf Karteikarten, welche wiederum zu Jahrgangsbänden gebunden wurden.


Sammlungskatalog aus den 80er-Jahren

Auch die Ausstellungen haben sich verändert. Zu Beginn hängte man lediglich Bilder an die Wand, stellte Skulpturen auf Podeste. Heute kann es sein, dass in multimedialen Ausstellungen bis zu zwölf Projektoren zum Einsatz kommen und aufwendige Installationen aufgebaut werden müssen. Die bekannte Künstlerin Marina Abramović beispielsweise wollte den Boden des Kellergewölbes ganz und gar mit Salz bedeckt haben. Eine Unmöglichkeit, wie Gianni Kuhn sich schmunzelnd erinnert – das hätte den alten Gemäuern arg zugesetzt. Er fand eine geniale Lösung, die auch die Künstlerin vollständig zufrieden stellte: Statt mit Salz wurde der Boden mit weissen Marmorsplittern bedeckt, die er bei einem Natursteinwerk organisiert hatte.
Der direkte Kontakt mit den Künstler*innen, das Finden von Lösungen und das Umsetzen von Ideen war für Gianni Kuhn immer eine der spannendsten Komponenten seiner Arbeit. Alles machte er möglich – auch wenn er hinterher von den kalkweissen Wänden tagelang die Farbe abwaschen oder runterkratzen musste, welche die Künstler*innen unbedingt für ihre Ausstellung haben wollten.
Mehr als 250 Ausstellungen müssen es gewesen sein, die Gianni Kuhn auf- und abbaute. Jetzt, nach seiner Pensionierung, möchte Gianni Kuhn neben seiner literarischen Tätigkeit (er hat bereits über 20 Bücher veröffentlicht) wieder vermehrt selber als bildender Künstler tätig werden. Aber auch der Ausstellungsbau wird ihn weiter beschäftigen. Für seine Frau, die Fotografin Simone Kappeler, hat er gerade wieder zugepackt.


Impression aus dem Lager des Kunstmuseums Thurgau