Die Heilige Katharina kommt unter den Hammer
Im Dezember 2020 ersteigerte das Historische Museum Thurgau beim Auktionshaus Christie’s in London eine Miniatur, die mutmasslich aus dem Kloster St. Katharinental stammt. Die Abbildung zeigt die Heilige Katharina und stammt aus einem illustrierten Gesangsbuch aus dem 14. Jahrhundert. Nur ausnahmsweise beteiligt sich ein Museum an solchen Auktionen – ein kurzer Überblick.
Die kunstvolle Miniatur zeigt die Schutzheilige des Klosters Katharinental.
Kunst direkt vom Erzeuger
Beim Kunstmuseum Thurgau gehört der Kauf von Kunstwerken zum Alltagsgeschäft. Die meisten kauft das Museum direkt bei den Künstlerinnen und Künstlern oder über Galerien. Solche Ankäufe sind ein wichtiges Förderinstrument des Kantons für die bildenden Kunstschaffenden. Was angeschafft werden soll, entscheidet zumeist eine speziell dafür etablierte Kommission. Ankäufe zur Erweiterung bestehender Schwerpunkte werden nur selektiv getätigt, wenn ausserordentliche Werke angeboten werden. Gerade in diesem Bereich profitiert das Kunstmuseum oft von Schenkungen durch Privatpersonen. Noch bis zum 19. Dezember 2021 gibt die Sammlungspräsentation «Neu im Museum» einen Einblick in die Schenkungen der letzten Jahre. Auch die Ausstellung «Jenseits aller Regeln», welche ebenfalls bis zum 19. Dezember läuft, umfasst ausschliesslich Werke, die dem Museum von einem Privatsammler geschenkt wurden.
Geschützte Kulturgüter
Im Gegensatz dazu muss das Museum für Archäologie keinerlei Ankäufe tätigen – alle archäologischen Funde, welche im Kanton gemacht werden, gehören von Gesetzes wegen als Kulturgut dem Kanton.
Abtstab mit dem Wappen von Placidus Brunschwiler, Abt von Fischingen (1616–1672)
Zurück in die Heimat
Beim Historischen Museum Thurgau liegt die Sache vor allem darum anders, weil der junge, finanziell klamme Kanton Thurgau nach Aufhebung der Klöster Mitte des 19. Jahrhunderts fast alles, was sich darin befand, zu Geld machte. Nicht nur Kulturgüter, auch Möbel, Gebrauchsgegenstände und vieles mehr. Nur ein paar wenige herausragende Stücke behielt der Kanton damals zurück, beispielsweise die prachtvolle Mitra aus dem Kloster Kreuzlingen, die Turmmonstranz aus dem Kloster Ittingen oder den Abtstab aus Fischingen. Ironischerweise ist es also so, dass der inzwischen erstarkte Kanton die Kulturgüter wieder zurückkauft, die er einst veräusserte.
Aber auch das Historische Museum ersteigert eher selten Stücke auf einer Auktion. Im Schnitt nicht häufiger als einmal pro Jahr. Die meisten Antiquitäten werden direkt bei renommierten Händlern gekauft oder sind Schenkungen von Privatpersonen. Die Ankäufe werden über das Globalbudget und teilweise auch aus dem Lotteriefonds finanziert. Dauerleihgaben versucht das Museum zu vermeiden, da diese von den Erben nach jahrelanger Pflege im Museum zurückgefordert werden könnten.
Zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten
Das Sammeln und Erhalten von Kulturgütern ist ein Auftrag, den der Regierungsrat den Museen erteilt hat.
Kommt ein aussergewöhnliches Stück, wie die eingangs erwähnte Miniatur, auf den Markt, beantragt das Museum beim Kulturamt finanzielle Mittel aus dem Lotteriefonds zur Anschaffung des Stückes. Das Museum formuliert das Gesuch um Unterstützung zuhanden des Kulturamtes, das wiederum den Antrag an die Regierung vorbereitet. Erst diese gewährt die Finanzierung. Im Falle einer Auktion handelt es sich bei der bewilligten Summe um den Maximalbetrag, der zuvor errechnet wurde, indem der durchschnittliche Preis von vergleichbaren Objekten vergangener Auktionen ermittelt wurde.
Bei der Miniatur handelt es sich insofern um ein bedeutendes Stück, weil es erstens vermutlich aus einem Thurgauer Kloster kommt und sich zweitens in der Sammlung bereits zwei weitere Miniaturen befinden, die aus derselben Werkstatt stammen oder von derselben Hand gemalt wurden. Die Miniatur ist also eine ideale Ergänzung der Sammlung. Im vorliegenden Fall wurde das Budget übrigens nur zu etwas mehr als 60 Prozent ausgeschöpft.