Direkt zum Inhalt springen
  • Drucken
  • Sitemap
  • Schriftgrösse

Kostbares Holz aus dem Thurgau

Der Bodenseeraum bietet besonders gute Voraussetzungen für archäologische Funde aus organischem Material, insbesondere Holz. Da viele der Fundstellen im Feuchten liegen, hat sich der Werkstoff in der sauerstoffarmen Umgebung gut erhalten. So sind im Thurgau nicht nur Funde aus der Jungstein- und Bronzezeit relativ intakt geblieben – auch aus der Römerzeit wurden viele einmalige Stücke geborgen.


Besonderes Glanzstück: römische Panflöte aus Eschenz

Gerade die Durchgängigkeit der Funde über verschiedene Epochen ist eine Besonderheit. Sind Stücke aus den Pfahlbausiedlungen noch recht häufig zu finden, so sind es gerade die römischen, also eigentlich jüngeren Artefakte, die sehr selten sind.

Die Römer bauten nicht gerne auf feuchtem Untergrund. Nur wenige Siedlungen entstanden hier. Daher blieben die organischen Stoffe aus dieser Zeit auch viel seltener erhalten – unter Luftzufuhr verrottet Holz ziemlich schnell. In Eschenz aber stand eine römische Siedlung direkt am Wasser. Die strategische Lage der Furt bei der Insel Werd führte dazu, dass die Römer entgegen ihrer sonstigen Angewohnheiten hier bauten, denn hier konnte man den Fluss einfach überqueren. Kein Wunder also, dass die Gegend schon während der Jungsteinzeit intensiv besiedelt war. Nachgewiesen ist auch eine Holzbrücke, die bereits im 1. Jahrhundert nach Christus über den Rhein führte.

Holz erzählt
Archäologische Holzfunde sind wissenschaftlich besonders aufschlussreich, weil neben der Radiokarbonmethode, bei der man das Alter von organischem Material aufgrund des Zerfalls des radioaktiven Kohlenstoffisotops 14C datiert, oft auch die sogenannte Dendrochronologie angewendet werden kann. Bei diesem Verfahren werden die Jahrringe von Bäumen anhand ihrer unterschiedlichen Breite einer bestimmten, bekannten Wachstumszeit zugeordnet. So kann man einen Holzfund oft bis aufs Jahr genau datieren.

Der Kanton Thurgau verfügt über eine der bedeutendsten Sammlungen archäologischer Holzfunde Europas. Gerade aus römischer Zeit befinden sich darunter Glanzstücke wie zwei von lediglich vier im ganzen ehemaligen Römischen Reich ausgegrabenen Holzschlössern oder eine von vielleicht acht existierenden Panflöten. Von dieser wurde gar eine exakte Kopie angefertigt, sodass man heute wieder erleben kann, wie die Flöte damals klang.

Interessant sind die Holzfunde auch deshalb, weil sie das alltägliche Leben der Menschen wiedergeben. Aus der Jungsteinzeit befinden sich in der Sammlung neben Tassen aus Maserknollen, Haarkämmen und vielem anderen auch Pfeil und Bogen. Selbst deren Holzarten liessen sich bestimmen: Der Bogen besteht aus Eibenholz, stark und gleichzeitig elastisch, der Pfeil aus Wolligem Schneeball.

Aus römischer Zeit wiederum fanden sich zum Beispiel Schreibtafeln, auf denen man sogar die Schrift noch erkennen kann. Auch die Häuser der einfachen Leute waren von den Pfahlbauern über die Römerzeit bis ins Mittelalter aus Holz gebaut. Dank der Funde lassen sich Aussagen über Architektur, Handwerk, die Lebensumstände und vieles mehr machen.

Erscheint uns also Gold oder Marmor als besonders wertvoll, so ist es vor allem das Holz, das über die Jahrhunderte zu uns spricht.