Direkt zum Inhalt springen
  • Drucken
  • Sitemap
  • Schriftgrösse

Hans Krüsi – ein facettenreiches Werk

Hans Krüsi (1920–1995) ist einer der bedeutendsten Schweizer Vertreter der sogenannten «Aussenseiterkunst». Sein Werk wird von Japan bis New York geschätzt. Am 1. Oktober 2023 eröffnet das Kunstmuseum Thurgau eine grosse Krüsi-Ausstellung. Geraldine Wullschleger arbeitet nicht nur an deren Vorbereitungen mit, sondern schreibt auch ihre Doktorarbeit über Leben und Werk von Hans Krüsi. Sie will Krüsis Werk umfassend erforschen und seine Bedeutung kunsthistorisch einordnen.


«Panorama mit Säntis», um 1981, © Kunstmuseum Thurgau

Während ihrer Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Kunstmuseum Thun kam Geraldine Wullschleger erstmals intensiv mit «Kunst jenseits aller Konventionen» in Berührung. Sie half bei der Realisation einer Ausstellung, in der Werke von Patientinnen und Patienten aus psychiatrischen Einrichtungen in der Schweiz um 1900 gezeigt wurden. Das Thema faszinierte sie sofort. Im Studium wurde der Bereich Aussenseiterkunst nur gestreift, sie wollte sich unbedingt mehr darin vertiefen.

Da lag es nahe, auf das Kunstmuseum Thurgau und insbesondere dessen Direktor Markus Landert zuzugehen. Schliesslich bildet die Aussenseiterkunst hier einen wichtigen Schwerpunkt. Von ihm kam auch die Anregung, dass Wullschleger ihre Dissertation über einen der schillerndsten und bekanntesten Vertreter der Aussenseiterkunst schreiben könnte – über Hans Krüsi.

Krüsis Nachlass kommt nach Ittingen
Im Februar 1995 eröffnete im Kunstmuseum Thurgau eine grosse Retrospektive über den in Zürich geborenen Künstler. Er besuchte damals noch die Vernissage, verstarb aber im September desselben Jahres. Das Kunstmuseum erhielt daraufhin testamentarisch den sehr umfassenden, rund 7000 Objekte starken Nachlass von Hans Krüsi. Während den folgenden fünf Jahren wurde dieser gesichtet und teilweise erfasst. Dabei wurden wichtige von unwichtigen Bestandteilen getrennt. Als 2001 eine zweite grosse Ausstellung im Kunstmuseum Thurgau stattfand, war vieles von der schieren Menge schon geordnet, teilweise aber noch immer nicht bearbeitet. Es bietet sich daher ein enorm reichhaltiges Forschungspotenzial.


Hans Krüsi, vom Künstler Hans Ruedi Fricker fotografiert, © Pascal Froidevaux

Ein Werkverzeichnis erstellen wird Geraldine Wullschleger nicht, sie wird vielmehr versuchen, Krüsis Werk in seiner vollen Komplexität sichtbar zu machen. Er malte, fotografierte, nahm Töne auf, bastelte, handwerkte, sprayte, er schrieb. Er fotokopierte, vervielfachte, kombinierte und recyclierte. Kreativ verarbeitete Krüsi etwa jedes Material, das er eben finden konnte. Papier und Karton, Papier-Tischsets und Servietten, Holzstücke, Pflanzenteile, Sand, Klebebänder, seine Villiger- und Rössli-Zigarren-Schachteln, Flaschen, Milchtüten und noch viel mehr. Er sammelte alles … So entstanden mit grosser Experimentierlust und enormem Schaffensdrang Tausende Ausdrücke seiner künstlerischen Persönlichkeit. Was davon ist ein «gültiges Werk», was eine Skizze, ein Klecks?


Kuhmaschine, 1981, © Kunstmuseum Thurgau

Ziel ist es, erstmals einen geordneten Überblick über Krüsis Schaffen, eine sorgfältig recherchierte Rezeptionsgeschichte sowie eine faktisch aufgearbeitete Biografie vorzulegen. Weiter soll Krüsis Werk kunsthistorisch eingeordnet, seine kulturelle wie künstlerische Einbettung und Prägung erforscht werden. 

So entsteht nicht nur eine Doktorarbeit, sondern in Zusammenarbeit mit Markus Landert eine Ausstellung, die ein umfassendes Bild von Krüsis Schaffen zeichnen soll, verbunden mit der Frage, wie sich der Blick auf das Werk über die Zeit verändert hat und was es uns heute zu sagen hat, wie es auf uns wirkt.

Begleitend zur Ausstellung erscheint eine Publikation, die auch ein Bilderbuch sein soll, ein Eintauchen in den Kosmos Krüsi. Unterschiedliche Mitautorinnen und Mitautoren, die Hans Krüsi teilweise noch selbst kannten, werden zu dem Buch beitragen und ihn und sein Schaffen so von verschiedenen Blickwinkeln beleuchten. Es gibt noch vieles über Krüsi und seinen Weg vom «Bluememannli», das einst Blumen an der Bahnhofstrasse in Zürich verkaufte, zum Kunstkometen von internationalem Rang zu erkunden.