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Souvenirs und Anekdoten von der Wallfahrt

Seit Jahrhunderten führen zahlreiche Pilgerwege durch den Thurgau. Das zeigt sich auch an Hunderten von Funden, welche im Kanton entdeckt wurden. Immer wieder tauchen Devotionalien, Medaillons und Erinnerungsstücke auf. Sie alle werden vom Amt für Archäologie gesammelt und kartografiert. Und bilden so eine Zeitgemälde des Pilgerns sowie der Pilgerinnen und Pilger ab.

Noch heute führt der «Schwabenweg» von Konstanz über Weinfelden nach Einsiedeln. Er ist ein Teilstück des weit verzweigten Jakobswegs, welcher bis nach Santiago de Compostela an der Nordküste Spaniens führt, wo der Apostel Jakobus (daher der Name) begraben sein soll. Erstmals erwähnt wurde der Jakobsweg im Jahre 1047. Noch heute ist Santiago de Compostela eines der wichtigsten christlichen Pilgerziele. Aber auch Einsiedeln selbst ist und war eine bedeutende Pilgerdestination, weshalb der Grossteil der Funde im Thurgau von hier stammt. In umgekehrter Richtung waren ebenfalls Pilgerinnen und Pilger unterwegs. Vor allem nach Weingarten, nördlich von Ravensburg.

Als Glücksbringer und Beweis für ihre Wallfahrt erwarben die Gläubigen an den Wallfahrtsstätten kleine Madonnenfiguren, Kruzifixe oder Medaillons, die sie mit nach Hause nahmen. Sie trugen sie auf sich, stellten sie im Haus auf oder vergruben sie auf dem Acker, damit sie für eine gute Ernte sorgen. Dort, auf den Feldern, werden sie am häufigsten gefunden – zumeist von freiwilligen Helfern, die mit ihren Metalldetektoren übers Land ziehen und jeden Fund genau lokalisieren. Viele dieser Stücke kann man heute im Museum für Archäologie anschauen.

Das Amt für Archäologie sammelt sie alle, unabhängig von Alter und Material. Es wurden Exemplare aus dem 16. Jahrhundert bis zur heutigen Zeit zusammengetragen – auch ein Aluminiumbecher aus Lourdes gehört dazu, der maximal 50 Jahre alt ist. Durch dieses Vorgehen kann man nicht nur die Wallfahrerrouten und deren Beliebtheit nachvollziehen, sondern auch, wie sich der Volksglaube über die Wundertätigkeit der Andenken verändert hat. Archäologie ist eine Methode, die Entwicklungen über die Jahrhunderte nachzuvollziehen, nicht nur blosse Vergangenheitsbeschau.

Eine Besonderheit unter den Devotionalien waren die Schabmadonnen, welche man bis ins 19. Jahrhundert in Einsiedeln erwerben konnte. Die Figuren aus gepresster oder gebrannter Erde (Lehm), welche angeblich aus der Gnadenkapelle stammte, sollten vor allem bei Krankheit helfen. Man schabte ein bisschen von der Figur ab, mischte es mit Wasser oder streute es über das Essen und nahm es so zu sich.

Übrigens gibt es auch im Thurgau Wallfahrtsstätten: das Kloster Fischingen und die Insel Werd. Letztere erhielt ihren Status durch Otmar, den ersten St. Galler Abt, der 759 hier in der Verbannung starb. Bei der Exhumierung sei sein Leichnam nicht verwest gewesen, auf der Schifffahrt den ganzen Bodensee hinauf löschten die Kerzen neben dem Leichnam trotz Sturm nicht aus und der Wein aus dem kleinen Fässchen schien auch nicht zur Neige zu gehen. Aufgrund dieser Wunder wurde Otmar 864 heiliggesprochen.

Aus ähnlichen Gründen wie die glücksbringenden Medaillons auf dem Feld warfen übrigens bei der Insel Werd schon die alten Römer Münzen in den Rhein – wohl als Bitte oder als Dank für eine sichere Überquerung.