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Welches Tier kriecht hier

Seit ein paar Jahren bietet das Naturmuseum Thurgau einen Bestimmungsdienst an. Interessierte können ihre Funde oder Fotos dem Naturmuseum vorlegen, worauf die Mitarbeitenden kostenlos bestimmen, um was für ein Tier oder um welche Pflanze es sich handelt. Dabei kommen ab und zu auch für die Experten überraschende Befunde zutage.

Häufig sind es Insekten, die beim Naturmuseum vorbeigebracht werden. Gerade jetzt im Herbst werden immer wieder Waldschaben bestimmt, die von vielen Menschen für Küchenschaben gehalten werden. Wie der Name schon andeutet, leben die Waldschaben eigentlich nicht im Innern. Wenn es allerdings kälter wird, verkriechen sie sich gerne in Räume, wo sie dann sterben. Im Gegensatz zu den deutlich grösseren Küchenschaben vermehren sie sich im Haus nicht und gehen auch nicht an die Vorräte. Bis heute waren alle beim Museum eingereichten Schaben Waldschaben. Ist jemand also unsicher, ob der Kammerjäger geholt werden muss, kann das Naturmuseum Thurgau hier vielleicht Entwarnung geben – und so eine teure Rechnung und viel Unannehmlichkeiten vermeiden.


Links die viel grössere Küchenschabe, rechts die harmlose Waldschabe

Neben Insekten wurden auch schon Mäuse, Ratten und Siebenschläfer vorbeigebracht – oder Skelette davon. Eine Person sandte einmal einen toten Vogel per Post ins Museum – keine gute Idee, denn der kam ganz zermanscht an. Generell werden Vögel seltener vorgelegt. In der Schweiz gibt es ca. 300 Arten – und diese sind via Internet aufgrund der verschiedenen Attribute wie Federkleid und Schnabel zumeist recht einfach selbst zu bestimmen. Im Gegensatz dazu sind beispielsweise über 600 Arten von Wildbienen bekannt. Selbst für Fachleute ist ihre Bestimmung oft eine Herausforderung.

Grundsätzlich ist es am besten, wenn man die zu bestimmenden Tiere oder Pflanzen im Museum vorbeibringt. Auf einem Meldezettel werden dann alle wichtigen Angaben wie Fundort und -zeit aufgeschrieben. Die Funde werden erfasst und dokumentiert. Gut erhaltene oder besondere Exemplare finden den Weg in die Sammlung, sofern die Finder das Objekt nicht zurückwünschen.

Ab und zu kommt es so sogar zu Erstnachweisen für den Thurgau (oder sogar für die Ostschweiz). Beispielsweise wurde auf diese Weise zum ersten Mal der sogenannte «Italienskorpion» östlich von Winterthur nachgewiesen. Hier zeigt sich einmal mehr der Einfluss des Klimawandels: Früher war diese ungefährliche Skorpionart in der Schweiz nur im Tessin anzutreffen. Aufgrund der warmen Witterung können die Skorpione jetzt selbst nördlich der Alpen überwintern.


Italienskorpion: dank Bestimmungsdienst erstmals östlich von Winterthur nachgewiesen

Bei den eingesandten Fotos lassen sich viele Funde inzwischen über Apps wie NABU Insektensommer bestimmen. Die Fachleute beim Naturmuseum verifizieren die Ergebnisse aber stets mithilfe von Fachliteratur. Auch hier wird der Klimawandel deutlich. Die grossen, aufwendigen Bestimmungsbücher werden aus Kostengründen oft erst nach zehn und mehr Jahren neu aufgelegt. Sucht man also beispielsweise in einem Bestimmungsbuch über die Insekten Mitteleuropas nach einer Art, kann es sein, dass man diese in einer älteren Auflage nicht findet, weil sie erst in den letzten Jahren den Weg vom Mittelmeer über die Alpen in die Schweiz gefunden hat.

Manchmal möchten die Finder auch Nage- oder Fussspuren bestimmt haben. Das gestaltet sich aber sehr schwierig, da diese oft nicht eindeutig zuordenbar sind und die Umstände an den Fundorten sehr verschieden sein können. Auch «Fossilien» werden ab und an vorbeigebracht. Dabei handelt es sich aber meist nur um speziell geformte Steine. Anders als im Jurabogen sind im Thurgau die Fossilien tragenden Erdschichten tief unter der Oberfläche. Einer der neuesten eingereichten Funde ist übrigens ein Insekt, das flachgepresst am Innern eines Buchdeckels klebt. Die Bestimmung steht noch aus.

Das Naturmuseum Thurgau freut sich über jeden vorbeigebrachten Fund oder jedes eingeschickte Foto. Zum einen bleibt man so in Kontakt mit dem Publikum, tauscht sich aus und bekommt einen Einblick, was die Leute interessiert. Auch ist es eine gute Übung, um das erlernte Wissen im Bestimmen von Arten anzuwenden. Und zu guter Letzt kommt immer wieder mal etwas Spannendes zum Vorschein, wie der erwähnte Skorpion.