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Kostbares in der Erde – Hortfunde aus der Bronzezeit

Sie haben es vielleicht in der Zeitung gelesen: Im August 2023 wurde bei Güttingen ein bedeutender Fund aus der Bronzezeit gemacht. Nach 2020 ist das der zweite sogenannte Hortfund in wenigen Jahren. Bei letzterem ist die Analyse und Dokumentation des Fundes nach drei Jahren abgeschlossen. Beim Güttinger Fund fängt die Arbeit erst an.


Muss noch analysiert und restauriert werden: Hortfund vom August 2023 in Güttingen.

Es ist eine vielfältige Ansammlung von Stücken, die in 20 Zentimetern Tiefe auf einem Acker bei Güttingen gefunden wurden. Neben Elementen einer Kette, die wohl um den Hals getragen wurde, finden sich zwei mit kunstvoll gedrehten Spiralen verzierte Fingerringe, ein Bäreneckzahn und der Zahn eines Bibers, ein Ammonit (Fossilie), Elemente eines Halsbandes aus Bernstein, ein versteinerter Haifischzahn, eine Pfeilspitze und weitere Ringe, die wohl ins Haar geflochten wurden. Die Haarringe sind aus Gold (nicht weniger als 21 Gramm), alle anderen Metallteile aus einer Kupfer-Zinn-Legierung. Aufgrund der Machart schätzen die Experten den Fund auf ein Alter von 3500 Jahren. Glücklicherweise fand sich beim Fund ein Stück Holzkohle, das eine genaue Altersbestimmung durch die Radiokarbondatierung ermöglichen wird – nur organisches Material ist dafür geeignet.

Grabbeigabe oder Opfer?
Der Fund 2020 in Wagenhausen war ähnlich zusammengesetzt. Gold fand man hier zwar nicht, aber ebenfalls Schmuckstücke und eine Pfeilspitze. Hortfunde nennt man diese Art von Funden, weil die einzelnen Stücke eng beieinander, ja übereinander liegen. Was darauf hindeutet, dass sie wohl in einem Behältnis, einem Säckchen oder einer kleinen Holzkiste gelagert waren. Nach der langen Zeit sind davon aber keine Spuren mehr erhalten.

Es ist nicht klar, warum die Funde deponiert wurden. Es könnten Grabbeigaben sein, rituelle Opfergaben oder sie wurden zur Sicherheit vergraben und dann vergessen. Sehr wahrscheinlich gehörten sie einer vermögenden Frau, der Schmuck war für die damalige Zeit ziemlich prachtvoll und zeichnete die Trägerin als wohlhabende Person aus. Unklar ist, warum die Pfeilspitze mit vergraben wurde. Ist sie ein Amulett, das die Frau beschützen sollte? Oder zeichnete sie diese als Kriegerin oder Jägerin aus?


Nach drei Jahren Forschungsergebnisse veröffentlicht: Hortfund von Wagenhausen

Aufwendige Konservierung und Forschungsarbeit
Der Güttinger Fund wurde erst mal vorsichtig gereinigt, alle Stücke abgezeichnet und vermessen. Die Knochenelemente wurden von einem Spezialisten analysiert und identifiziert. Zuerst hielt man den Biberzahn nämlich für den Zahn eines Ebers. Eine Literaturrecherche soll aufzeigen, wo ähnliche Stücke gefunden wurden und den Fund so in einen Zusammenhang mit anderen Fundstätten setzen. Von der Halskette wird ein Replikat hergestellt, um später im Museum zeigen zu können, wie das Schmuckstück damals ausgesehen haben könnte.

Auch versucht man, die Herkunft der verschiedenen Materialien zu definieren. Bernstein kommt im Thurgau nicht vor, auch Ammoniten werden frühestens im Schaffhauserland gefunden.

Es ist nicht gesagt, dass die Gegenstände überhaupt bei uns gefertigt wurden. Möglicherweise wurden sie bei einem durchreisenden Händler gekauft – in der Bronzezeit gab es einen regen Handel in ganz Europa. Auf jeden Fall stammen die Metalle nicht aus dem Thurgau. Das Zinn kommt wahrscheinlich aus dem südenglischen Cornwall, das Kupfer aus dem Alpenraum und der Bernstein vielleicht aus dem Baltikum. Nur Gold ist auch im Thurgau nachgewiesen.

Es gibt also noch viele Details zu entziffern. Sicher ist aber heute schon, dass die beiden Hortfunde im Zentrum der bronzezeitlichen Abteilung im Museum für Archäologie Thurgau stehen werden. Schon vor 2020 war geplant, diesen Teil der Sammlung zu überarbeiten. Wie gut, dass die Planung noch nicht abgeschlossen war – durch die beiden bedeutenden Funde muss die Präsentation ganz neu gedacht werden. Geplant ist die Eröffnung für Frühsommer 2024. Der Wagenhausener Fund von 2020 wird sicher vollständig zu sehen sein, der neue Fund möglicherweise nur teilweise oder als Kopie, weil die Erforschung des Fundes bis dahin wahrscheinlich noch nicht abgeschlossen sein wird.