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Ein zweites Leben im Museum

Das Naturmuseum Thurgau verfügt über eine grosse Sammlung an Präparaten. Neben ganzen Tieren sind das auch Felle, Knochen oder Körperteile. Viele davon können ausgeliehen werden, beispielsweise für Schulvorträge. Oft sind es Privatpersonen, welche mit ihren Funden für wertvolle Ergänzungen der Sammlung sorgen. Das Museum nimmt alle toten Tiere entgegen, die abgegeben werden. Einmal jährlich wird beschlossen, ob und wie welche Kadaver präpariert werden.


Hier werden die Funde gelagert. Hannes Geiser, Direktor Naturmuseum Thurgau

Zumeist sind es Vögel oder Säugetiere, welche Besucherinnen und Besucher vorbeibringen. Wahrscheinlich liegen ihnen diese näher als Insekten oder Amphibien. Grundsätzlich nimmt das Naturmuseum Thurgau aber alle Funde entgegen. Die Mitarbeitenden schätzen das Engagement  dieser «ehrenamtlichen Sammlungsdonatoren» sehr. Es ist nicht selbstverständlich, dass jemand bei einem Tierkadaver an das Museum denkt und diesen als etwas Wertvolles begreift. Oft sind es gerade die häufig vorkommenden Tierarten, welche in der Sammlung fehlen. Als Hannes Geisser die Museumsleitung übernahm, gab es beispielsweise nur ein Spatzenpaar in der Sammlung – und das stand in der Ausstellung.

Eine ganz eigene Kategorie bilden die mumifzierten Funde. Es sind meist kranke Tiere, die sich irgendwo verkrochen haben, vielleicht in einer Zwischenwand, und dort gestorben sind. Oder sie wurden eingeschlossen und sind verhungert. Damit die Mumien erhalten bleiben, muss der Fundort trocken sein und gut durchlüftet. Tiermumien zeichnet eine besondere Ästhetik aus, die traurig und gleichzeitig erhaben wirkt. Nur durch eine aufwändige Kohlenstoffdatierung wäre zu bestimmen, ob sie nur 20 oder schon 200 Jahre am Fundort lagen.


Mumifizierte Wanderratte mit Jungtieren

Neben ganzen Tieren werden auch Streichelfelle, Knochen (beispielsweise Schädel), Füsse und andere Körperteile aufbereitet. Diese kommen vor allem im museumspädagogischen Bereich zum Einsatz, um Tiere im wahrsten Sinne greifbar zu machen. In den letzten Jahren wurde auch damit begonnen, sogenannte Balge zu erstellen. Dabei wird das Fell oder Federkleid gegerbt und auf einen Karton aufgezogen, inklusive Füssen, Schwanz und so weiter. Das ist viel kostengünstiger als ein Ganzköperpräparat eines Tieres und benötigt auch weniger Platz in der Sammlung. Die Balge liefern wertvolles Anschauungsmaterial für wissenschaftliche Zwecke. So lassen sich beispielsweise die Variabilität von Fellmustern untersuchen, die Grösse von Tieren und ihre Entwicklung über die Jahre vergleichen und auch DNA-Proben entnehmen.

Unabhängig davon, was mit ihm geschieht, wird jeder Fund katalogisiert. Insbesondere die Fundorte sind wertvolle Daten, um die Verbreitung und den Lebensraum einer Art zu spezifizieren.

Alle Funde werden in einer Tiefkühltruhe im Keller des Museums gelagert. Sollte sie einmal kaputt gehen, steht eine zweite als Backup bereit. Einmal jährlich gehen drei Expert*innen des Museums gemeinsam die Funde durch und entscheiden, was mit ihnen geschehen soll. Eine Liste wird erstellt, der Präparator nimmt die Tiere mit. Diejenigen, welche für das Museum nicht nutzbar sind, kann er behalten und weiterverarbeiten.

Immer wieder kommt es vor, dass ganz eigenartige oder spezielle Funde vorbeigebracht werden. So erhielt das Museum einmal von einem Schiessstand in Frauenfeld eine Mauereidechse, die durch einen Kopfschuss gestorben war. Ein anderes Mal wurde ein Uhu direkt an einer Bahnlinie gefunden. Das Spezielle daran: Er war nicht dorthin geflogen – die Untersuchnung ergab, dass er flugunfähig war und sich, auf den Flügeln am Boden bewegend, dorthin gekrochen ist. Er wurde nicht vom Zug erfasst oder durch einen Stromschlag getötet. Auf welche Weise er am Bahntrassee starb und warum er sich dorthin schleppte, bleibt sein Geheimnis.