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Eugène und Eugensberg

Er war viel mehr als der Bruder von Hortense, der Schlossherrin auf Arenenberg: Adoptivsohn und Vertrauter Napoleons, Vizekönig von Italien und einer der reichsten Männer Europas. Vor 200 Jahren starb Eugène de Beauharnais.

Seine Eltern Rose und Alexandre de Beauharnais verstehen sich nicht besonders und trennen sich, als Eugène erst vier Jahre alt ist. Seine Mutter fühlt sich mehr als Monarchistin, der Vater ist Republikaner. Obschon aus altem Adel, bekleidet Alexandre während der Französischen Revolution verschiedene Staatsämter und ist eine Weile gar Präsident der Nationalversammlung. Nichtsdestotrotz wird er verhaftet und stirbt unter der Guillotine – die Revolution frisst ihre Kinder.

Auch Rose wird inhaftiert und muss um ihr Leben fürchten. In dieser Zeit kümmert sich ihre gute Freundin (möglicherweise die Geliebte ihres verstorbenen Mannes) Amalie Zephyrine von Hohenzollern-Sigmaringen um ihre beiden Kinder. So entsteht ein enges Band zwischen den dreien. Hortense und Eugène nennen Amalie auch ihre «zweite Mutter». Diese Verbindung ist es, die sie viel später in die Bodensee-Region führen wird.


Eugène und Hortense besuchen ihre Mutter Rose in der Haft.

Der Legende nach bittet der 13-jährige Eugène Napoleon Bonaparte, damals General der französischen Armee, um den Säbel seines toten Vaters. Das beeindruckt den späteren Kaiser nicht nur, er lernte dadurch auch Eugènes Mutter kennen – und lieben. Die beiden beginnen ein Verhältnis und heiraten 1796.

Napoleon nimmt Eugène unter seine Fittiche. Sein Stiefsohn begleitet ihn bei allen Schlachten in Norditalien und auch auf dem Ägyptenfeldzug. Eugène wird Napoleons enger Vertrauter, was die Familie Bonaparte eifersüchtig macht. Als sich Napoleon 1804 zum Kaiser der Franzosen krönt – und Rose als Joséphine an seiner Seite zur Kaiserin, bleibt Napoleons Mutter verärgert der Krönung fern.

Nach dem Fall Mailands ernennt sich Napoleon auch zum König Italiens – und Eugène, den er zuvor adoptiert hatte, zum Vizekönig. Als solcher verwaltet er das eroberte Gebiet, das bis nach Florenz reicht – Regierungssitz ist Monza. Eugène ist ein gutaussehender und tüchtiger Mann. Napoleon beschliesst, dass der Vizekönig zu heiraten hat. Er schickt Eugène eine Tasse mit dem Porträt der Auserwählten: Auguste Amalie von Bayern soll die Bande zu den süddeutschen Staaten vertiefen. Im Gegenzug erhält ihr Vater Kurfürst Max den Titel eines Königs von Bayern.

Eugène macht sich unverzüglich auf den Weg nach München und wenige Tage später vermählen sich die beiden. Von Beginn an sind sie sehr ineinander verliebt und bleiben es ein Leben lang. Zurück in Italien ist das Paar beliebt beim Volk. Eugène gilt als äusserst fähiger Verwalter und Amalie wird geschätzt für ihr soziales Engagement. Sie leben im Residenzschloss, das die Habsburger errichtet hatten. Der riesige Park, der nach Wien ausgerichtet ist, wird neu gestaltet und orientiert sich jetzt in Richtung Paris.


Auguste Amalie und Eugène während seiner Zeit als Vizekönig Italiens

Das Glück ist von kurzer Dauer: Eugène muss Truppen ausheben und am Russlandfeldzug teilnehmen. Er macht den gesamten Feldzug mit, wird auf dem Rückzug Oberbefehlshaber über den Rest der «Grande Armée» und schafft es anschliessend zurück nach Mailand. Nach Napoleons Niederlage in der Völkerschlacht bei Leipzig und dessen Thronverzicht streckt auch Eugène die Waffen. Er verlässt Italien und trifft mit seiner Familie am bayrischen Königshof ein. Nun nimmt er am Wiener Kongress teil und ist kurzzeitig als möglicher Großherzog von Genua bzw. als Regent Frankreichs im Gespräch. Doch dann verlässt Napoleon sein Exil auf Elba und kehrt nach Frankreich zurück. Eugènes Schwester Hortense nimmt in der «Herrschaft der Hundert Tage» die Stellung einer «Première Dame» ein. Das wirft kein gutes Licht auf die Familie de Beauharnais und macht alle Pläne Eugènes zunichte. Immerhin sein Vermögen darf er behalten, inklusive aller Ländereien.

Sein Schwiegervater Maximilian I. von Bayern ernennt ihn zum Herzog von Leuchtenberg und Fürsten von Eichstätt. Eugène wird zu einem der reichsten Männer Europas, er erwirbt ein Landschloss in der Nähe Münchens und lässt in der Stadt das Palais Leuchtenberg errichten, in dem heute das bayerische Finanzministerium untergebracht ist.

In der Zwischenzeit zieht Hortense an den Bodensee. Eugène besucht die Schwester und Amalie Zephyrine, die «zweite Mutter», in Konstanz. Er scheint schon als Vizekönig nach einem Grundstück in der Gegend gesucht zu haben. Ihm ist klar: Wenn sein Schwiegervater stirbt, wird es eng für ihn in Bayern – sein Schwager, Kronprinz Ludwig, gilt als ausgesprochener Franzosenhasser. Da wäre es gut, einen alternativen Wohnsitz zu haben. Der grosse Rat des Kantons Thurgau erteilt ihm eine Niederlassungsbewilligung und er kauft den Gutsbetrieb des Schlosses Sandegg in unmittelbarer Nähe von Arenenberg, dem Schloss, das Hortense gehört. Auf dem Grundstück lässt er Schloss Eugensberg errichten, das sich an Augusta, der Lieblingsvilla seiner Frau in Monza, orientiert.


Schloss Eugensberg, mit Blick auf Schloss Arenenberg

Es wird als hochmodernes Mustergut geplant, Eugène ist häufig hier, überwacht die Baufortschritte. Nach einem Schlaganfall lebt er mehrere Wochen auf Eugensberg, um sich zu kurieren. Er scheint genesen, stirbt aber wenig später in München nach einem erneuten Schlaganfall – noch vor seinem Schwiegervater und Gönner Maximilian I.

Eugensberg geht in den Besitz seiner Tochter Eugénie über, sie verkauft das Schloss und finanziert mit dem Erlös den Umbau der Villa Eugenia in Hechingen (bei Tübingen). 1916 kauft die Familie Saurer Eugensberg und baut es komplett um. Auch spätere Besitzer nehmen grössere Umbauten vor und so ist ausser Fassade und Parkanlage heute praktisch nichts mehr im Originalzustand.